Manwes Gnade

Manwes Gnade. Doch noch nach London – Ein Reisebericht

“It comes from Mordor, lord,” he said. “It began last night at sunset. From the hills in the Eastfold of your realm I saw it rise and creep across the sky, and all night as I rode it came behind eating up the stars. Now the great cloud hangs over all the land between here and the Mountains of Shadow; and it is deepening. War has already begun.” (LotR III, 76)[1]

Nachdem die Berichte über The Lord of the Rings – The Fellowship of the Ring als Filmvorführung mit Live-Orchester-Begleitung in der Londoner Royal Albert Hall sehr positiv waren, beschloss ein kleines Grüppchen aus Wien, im April 2010 zu The Two Towers nach London zu reisen. Flug und Hotel waren schnell gebucht, die freudige Erwartung stieg von Monat zu Monat.

Doch dann die Schreckensmeldung Mitte April 2010: Der isländische Vulkan Eyjafjallajökull[2] (laut Der Standard leichter zu merken als „Eierfaymannpröllkül“ oder so ähnlich…) war nach langer Untätigkeit ausgebrochen. Unter anderem spuckte er große Mengen von Vulkanasche in die Atmosphäre – eine bis dahin beispiellose Beeinträchtigung des Luftverkehrs in Europa infolge eines Naturereignisses! Die Ascheteilchen wirken wie ein Sandstrahlgebläse auf die Außenhülle von Flugzeugen und können auch Düsentriebwerke ausfallen lassen. Dann folgte ein tagelanges Hin und Her für den europäischen Flugverkehr: Mal war der Luftraum frei, mal wieder nicht, mal hieß es, es bestehe höchste Gefahr beim Durchfliegen, mal wieder nicht. Die Luftfahrtbehörden gingen schließlich auf Nummer sicher und ließen den europäischen Flugverkehr für mehrere Tage ganz oder teilweise einstellen. Bis sich dann die EU einschaltete und man beschloss, man könnte es wieder einmal probieren (inzwischen waren wahrscheinlich schon ein paar kleinere Fluglinien fast pleite gegangen).

Wir London-Reisenden (Martin, Doro, Henry, Katharina und ich) zitterten und beteten tagelang, rechneten schon mit dem Schlimmsten und entwickelten Alternativprogramme. Dann erhörte schließlich Manwe, Herr der Lüfte, Winde und Wolken, unser Flehen und brachte den Orodruin zum Schweigen. Ab dem 21. April wurde in Mitteleuropa zunehmend wieder normaler Flugbetrieb aufgenommen. Das war aber zu spät für die Pläne von dreien von uns, schon einige Tage vorher nach London zu fliegen. Der Montagsflug war gestrichen, das Hotel musste umgebucht werden. Schließlich wurde es Katharina zuviel und sie strich die Segel, da sie das Risiko, in London festzusitzen, nicht eingehen wollte.

So flog ich am Donnerstag, den 22. April alleine mit einer Easyjet-Maschine direkt von Wien nach London, während Martin, Doro, Henry (und nicht zu vergessen Raistlin) mit Germanwings über Köln flogen. Auf unseren Flughäfen war es erstaunlich ruhig und entspannt dafür, dass die Tage vorher ein Großteil aller Flüge ausgefallen war und das totale Chaos geherrscht hatte. Letztendlich waren wir am späten Nachmittag im Hotel Blue Bells, 14 Pembridge Square nahe der Station Notting Hill Gate, vereint.

Das Konzert am Freitag, 23. April war wunderschön, das Rund der Royal Albert Hall voll besetzt. Die Stimme der Solistinnen hätte klarer und voller sein können, und ganz am Ende vergriff sich ein Trompeter im Ton, aber Bild, Sound und das Orchester waren sehr gut. Ganz am Schluss betrat Howard Shore selbst die Bühne! Wir verzichteten aber auf die Autogrammstunde, denn bei der Veranstaltung „Hollywood in Vienna – Gala der Filmmusik“ im Konzerthaus am 16.09.2010 werden wir ihn ohnehin wieder sehen, wenn er selbst The Fellowship dirigiert!

Wir verbrachten noch sehr schöne Tage in London. Zum Ausgleich für die böse Vulkanasche hatten wir feines Wetter und es war auch recht warm. Ich wusste gar nicht, dass der Frühling in London so schön sein kann: in allen Gärten und Parks blühte und grünte es, die Vögel freuten sich. Ich musste nur leider feststellen, dass viele Parks – so auch der vor unserem Hotel – für die Öffentlichkeit nicht zugänglich sind, sondern man sich den Schlüssel dafür z.B. in der örtlichen Bibliothek holen musste. Dafür sind diese dann sehr schön gepflegt und man kann so dem Vandalismus Einhalt gebieten.

Am Samstag waren wir in Oxford und erwiesen Berens und Luthiens Grab die Ehre. Martin stellte fest, dass der kleine Stoffadler, der vor Jahren bereits darauf lag, noch immer da war. Ich hinterließ unter einem kleinen Busch einen Stein mit dem ÖTG-Aufkleber, mal sehen ob er das nächste Mal noch dort liegt. Das Mittagessen im „Eagle and Child“ (Ehrensache!) war vorzüglich! Auch das Café Loco ist sehr zu empfehlen, dort bekam Doro endlich ihren „cream tea“ – das ist eine kleine Mahlzeit, bei der man zum Tee eine Rahmspezialität (clotted cream) und Erdbeermarmelade auf ein Gebäck (scones) streicht.[3] Überhaupt haben wir, wie es sich für ordentliche Hobbits geziemt, oft und viel gegessen: English breakfast, Fisherman’s Pie[4], pie of the day mit Kartoffelpüree und Erbsen und fish and chips im Pub, dann auch mexikanisch, Sushi, super Pizza (Entdeckung von Doros Bekannter), Kartoffelchips, und zwischendurch Weißwein, Obst und Schokolade vom Tesco, Cocktails am Samstagabend und so weiter.

Am Sonntag, 25. April ging es leider schon wieder zurück nach Wien. Es war für uns alle ein unvergessliches Erlebnis!

Epilog

Am 24. Mai 2010 wurde der Vulkan von den Wissenschaftlern der isländischen Universität als untätig eingestuft. Gleichzeitig sagten sie jedoch, dass noch unklar sei, ob er wirklich längerfristig zur Ruhe gekommen sei, denn der letzte Ausbruch des Vulkans hatte mit Unterbrechungen dreizehn Monate gedauert.[5]

 

Monika „Akinomya“ Schwarz


[1] J.R.R. Tolkien, The Return of the King. Being the third part of The Lord of the Rings, Harper Collins 2003, 76.

[2] Die fachlichen Daten und Fakten über das Ereignis stammen aus dem Artikel über den Ausbruch des Eyjafjallajökull 2010 auf Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Ausbruch_des_Eyjafjallaj%C3%B6kull_2010 .

[3] Siehe den entsprechenden Artikel auf Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Cream_tea .

[4] Eine besonders schmackhafte Kombination: Kleine Meeresfrüchte und Fischstücke mit einem Guss in einer Auflaufform, darüber fertiges Kartoffelpüree, dann überbacken. Rezepte finden sich zahlreich im Internet.

[5] Wikipedia-Artikel über den Ausbruch des Eyjafjallajökull 2010, s.o.

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